Landgericht Baden-Baden, Teil- und Grundurteil vom 25. Juli 2024 – 3 O 319/17 – zur Haftung eines Kompostunternehmers wegen PFC-Belastung des Trinkwassers
In seinem Urteil hat das Landgericht Baden-Baden die Schadensersatzklage der Gemeinde Hügelsheim gegen das Kompostunternehmen Umweltpartner Vogel AG und dessen Vorstand dem Grunde nach teilweise für berechtigt erklärt. Das Gericht hat die Haftung des Unternehmens und seines Vorstands für die Schäden festgestellt, die der Klägerin durch die Aufbringung von mit per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) kontaminierten Papierschlamm-Kompost-Gemischen auf landwirtschaftliche Flächen im Gemeindegebiet der Klägerin im Zusammenhang mit der Sicherstellung der Trinkwasserversorgung der Gemeinde entstanden sind oder entstehen werden.
Das Unternehmen habe in den Jahren 2006 bis 2008 auf landwirtschaftliche Flächen im Gemeindegebiet Papierschlämme und Kompost im Mischungsverhältnis 1:3 aufbringen lassen, was für die Landwirte kostenlos gewesen sei.
Wenngleich im Einzelnen keine Feststellungen dazu möglich waren, welche Menge welchen Materials aus welcher Papierfabrik auf welche Flächen durch wen aufgetragen wurden, habe die Kammer aufgrund zahlreicher Indizien die Überzeugung gewonnen, dass die unstreitig aufgebrachten Papierschlamm-Kompost-Gemische zumindest teilweise mit PFC oder Vorläufersubstanzen belastet gewesen seien. Dies habe eine ab 2013 festgestellte PFC-Belastung der streitgegenständlichen Flächen und des Grundwassers im Gemeindegebiet verursacht.
Die klagende Gemeinde könne sich hierzu auf die Ursachenvermutung nach § 6 UmweltHG berufen. Die Haftung des beklagten Unternehmens ergebe sich aus § 89 Abs. 2 WHG (Haftung für Änderungen der Wasserbeschaffenheit) und für das zurechenbare Verhalten des Vorstands aus dem allgemeinen Deliktsrecht (§ 823 Abs. 1 BGB). Der Vorstand hafte zudem persönlich, weil er zumindest fahrlässig pflichtwidrig gehandelt habe.
Das Unternehmen und sein Vorstand haften als Gesamtschuldner auf Schadensersatz, auch für zukünftige und weitere Schäden der Klägerin im Zusammenhang mit der Trinkwasserversorgung im Gemeindegebiet. Die Höhe des Schadensersatzes wird im weiteren Verfahren ermittelt; die klagende Gemeinde macht aktuell rund 150.000 Euro geltend.
Soweit sich in Bezug auf einzelne Flächen keine PFC-Belastung hat feststellen lassen, ist die Klage abgewiesen worden. Auch die von der Gemeinde gegen einen selbständigen Fuhrunternehmer gerichtete Klage auf Schadensersatz ist ebenfalls abgewiesen worden.
Die Pressemitteilung des LG Baden-Baden ist hier abrufbar.
Das Teil- und Grundurteil des LG Baden-Baden zur zivilrechtlichen Haftung des Kompostunternehmens ist nur ein Aspekt der weiterhin andauernden zivil- und verwaltungsgerichtlichen Aufklärung der hohen PFC-Belastung in der Region Rastatt. Vor dem LG Baden-Baden haben auch die Stadtwerke Rastatt das hier beklagte Kompostunternehmen auf Schadensersatz (in Höhe von 6,5 Mio. Euro) verklagt; dieses Verfahren dauert noch an.
In unserer Rechtsprechungsübersicht haben wir bereits das Urteil des VG Karlsruhe vom 24.10.2017 zu den hohen PFAS-Belastungen in Rastatt und den Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 20.07.2021 zur Information durch das UBA über die Ursache der PFAS-Belastung in Rastatt zusammengefasst und eingeordnet.