Verwaltungsgericht Lüneburg, Urteil vom 24. November 2016 – 2 A 7/15 – zur Verpflichtung von mehrjährigen Untersuchungsmaßnahmen, wenn die genaue PFOS-Belastung des Grundwassers nicht geklärt ist

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Ein Unternehmen, das auf ihm fremden Ackerflächen PFT-haltigen „Bodenverbesserer“ aufgebracht hat, kann zu mehrjährigen Untersuchungen zur weiteren Gefährdungsabschätzung verpflichtet werden. Diese sind grundsätzlich notwendig, wenn bisher das Ausmaß der Gefahr, insbesondere die aktuelle und zukünftige Entwicklung der PFOS-Konzentrationen im Grundwasser, noch nicht abschließend geklärt sind.

In dem Verfahren vor dem VG Lüneburg, wendete sich der Kläger gegen eine bodenschutzrechtliche Untersuchungsanordnung, nach der er über einen Zeitraum von fünf Jahren auf seine Kosten eine Überwachung des Grundwassers auf betroffenen Ackerflächen durchzuführen habe. Der Kläger war Kunde eines Zulieferers, von dem er einen sog. „Bodenverbesserer“ bezog und bei seinen Kunden verwendete. Im Jahr 2006 lieferte der Kläger einem Landwirt den sog. „Bodenverbesserer“ und verteilte ihn auf den Flächen des Landwirts. Im weiteren Verlauf des Jahres 2006 wurde der Zulieferer von den Behörden als Verursacher starker Belastungen landwirtschaftlicher Flächen mit PFT lokalisiert. Im Sommer 2007 wurde festgestellt, dass ein von dem Landwirt, den der Kläger mit „Bodenverbesserer“ beliefert hatte, stammendes Rind mit PFT belastet war. Bei den darauffolgenden Untersuchungen der Behörden zeigte sich, dass die Flächen des Landwirts, die im Frühjahr 2006 mit dem "Bodenverbesserer" des Klägers bearbeitet worden waren, zum Teil sehr hoch mit PFT (vorliegend PFOA und PFOS) belastet waren. Im Rahmen der weiteren durchgeführten Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung gemäß § 9 Abs. 2 BBodSchG wurde festgestellt, dass mehr als 90 % der ursprünglich im Ackerboden vorliegenden Mengen an PFOA vermutlich ins Grundwasser eingetragen wurde. Der größte Teil der Menge PFOS (>80%) liege vermutlich noch im Ackerboden und werde nur langsam ins Grundwasser emittiert. Damit läge ein permanentes Gefährdungspotenzial für das Grundwasser vor.

Hiernach ordnete die zuständige Behörde an, dass der Kläger über einen Untersuchungszeitraum von fünf Jahren auf seine Kosten eine Überwachung des Grundwassers unter besonderer Berücksichtigung der zukünftigen Entwicklung der Konzentrationen von PFOS im Grundwasser auf den betroffenen Ackerflächen durchzuführen habe. Gegen diese Anordnung ging der Kläger vor dem VG Lüneburg vor. Er argumentierte unter anderem, dass erhebliche Zweifel an einer toxischen Wirkung von PFT auf den Menschen bestünden. Weitere Untersuchungen in den vergangenen 10 Jahren hätten die Toxizität nicht belegen können. PFOS und PFOA agierten nicht mit dem menschlichen Stoffwechsel, sondern würden nach spätestens vier bis fünf Jahren wieder ausgeschieden. Auch fehle es in den streitgegenständlichen Bescheiden an Angaben, inwieweit Pflanzen, Tiere oder Menschen über ein vermehrtes Vorkommen von PFT im Grundwasser Schaden nehmen können. Dies gelte insbesondere, da das kontaminierte Grundwasser nicht genutzt werde.

Das Gericht folgte dieser Argumentation nicht. Es stellte vielmehr fest, dass der Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung bereits dann vorliege, wenn sich Stoffe potenziell nachteilig auf den Ge- oder Verbrauchswert eines Gewässers auswirken könnten. Deswegen stehe es der Annahme einer schädlichen Bodenveränderung auch nicht entgegen, dass die Gutachter mangels Nutzung des Grundwassers eine Gefährdung des Schutzgutes menschliche Gesundheit verneinen. Denn die nachgewiesenen PFT-Belastungen führen jedenfalls dazu, dass das belastete Grundwasser nicht uneingeschränkt einer Nutzung durch Menschen oder Tiere zugeführt werden kann, mithin der (potenzielle) Ge- und Verbrauchswert beeinträchtigt ist. Dies ist für sich genommen bereits ausreichend, um die in § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG geforderten konkreten Anhaltspunkte eines hinreichenden Verdachts einer schädlichen Bodenveränderung zu bejahen. Weiterer Ausführungen zur Gefährdung von Pflanzen, Tieren oder Menschen bedürfe es daher nicht.

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